Compliance im Energie-, Klima- und Umweltrecht in Industrieunternehmen und das Hinweisgeberschutzgesetz
Seit Dezember 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz für alle Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden. Das bedeutet, dass fast alle produzierenden und energieintensiven Betriebe diese neuen Vorgaben umsetzen müssen. Dazu gehören Branchen wie die Automobil-, Lebensmittel- und Chemieindustrie, aber auch Rechenzentren oder Schienenbahnbetreiber.
Das Gesetz steht in enger Verbindung mit den Anforderungen, die Unternehmen im Energie-, Klima- und Umweltrecht einhalten müssen. Diese Verbindung wird auch durch den Ursprung des Gesetzes deutlich: Es wurde teils als Reaktion auf Umwelt-Skandale wie den Dieselskandal geschaffen. In diesem Beitrag beleuchten wir, wie die Bereiche Energie, Umwelt, Klima und das Hinweisgeberschutzgesetz zusammenhängen.
Compliance im Energie-, Klima- und Umweltrecht
Unternehmen mit hohem Energieverbrauch müssen sich in einem besonders dynamischen Rechtsgebiet bewegen. In den letzten Jahren gab es hier viele Neuerungen und ständige Änderungen. Praktisch jede Woche wurden bestehende Gesetze überarbeitet oder komplett neue Vorschriften geschaffen, die Unternehmen vor immer neue Herausforderungen stellen. Besonders im Energie- und Klimarecht hat sich der Fokus verändert:
Subventionen und Privilegien im Energierecht
Früher drehte sich vieles im Energierecht um die finanzielle Entlastung von energieintensiven Unternehmen. Ziel war es, die sogenannte Carbon Leakage zu verhindern – also die Abwanderung von Unternehmen ins Ausland wegen hoher Energiekosten. Zu diesen Regelungen zählten unter anderem die Reduzierung von Strom- und Energiesteuern oder die (inzwischen abgeschaffte) EEG-Umlage. Neue Regelungen, wie das Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) oder die Carbon-Leakage-Verordnung (BECV), kommen weiterhin hinzu. In diesem Bereich ging es oft um die Einhaltung von Mess- und Berichtspflichten. Begriffe wie „Drittmengenabgrenzung“ haben hier in der Vergangenheit viel Beratungsaufwand verursacht.
Neue Verpflichtungen durch ordnungsrechtliche Regelungen
In den letzten Jahren sind Vorschriften hinzugekommen, die nicht an Subventionen oder Vergünstigungen gekoppelt sind. Beispiele sind das Energieeffizienzgesetz (EnEfG), das seit Januar 2024 Unternehmen mit hohem Energieverbrauch zu Maßnahmen wie Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 verpflichtet. Auch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Wärmeplanungsgesetz (WPG) setzen neue Vorgaben für die Nutzung erneuerbarer Energien.
Umweltrecht
Anders als das Energierecht hatte das Umweltrecht schon immer einen stärkeren Fokus auf strenge Regeln und Pflichten, wie die Einhaltung von Grenzwerten, die Installation von Messtechnik oder zwingende Berichtspflichten. Subventionen spielen hier eine geringere Rolle.
Insgesamt ist die größte Compliance-Herausforderung für Unternehmen die Vielzahl an detaillierten Verpflichtungen, die sich oft ändern. Wer hier den Überblick verliert, läuft Gefahr, gegen Vorschriften zu verstoßen.



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Wie Hinweisgebersysteme die Compliance verbessern können
Durch die vielen Änderungen und die Komplexität im Energie- und Umweltrecht passieren in Unternehmen Fehler. Oft sind diese nicht beabsichtigt, sondern entstehen aus Überforderung im Regulierungsdschungel. Besonders im Mittelstand und in ländlichen Regionen fehlt häufig qualifiziertes Personal, um alle Anforderungen sicher umzusetzen.
Hier können Hinweisgebersysteme helfen: Sie ermöglichen es Mitarbeitenden oder externen Personen, Verstöße anonym zu melden, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Unsere Erfahrung zeigt, dass allein die Existenz solcher Systeme dazu führt, dass Unternehmen Hinweise auf Risiken ernster nehmen und schneller handeln.
Denkbar sind vor allem die nicht seltenen Situationen, in denen Mitarbeitende einen Verstoß bemerken, diesen ihren Vorgesetzten oder der Unternehmensleitung anzeigen. Der Missstand wird jedoch – z. B. aus wirtschaftlichen Gründen – nicht beseitigt. Dann kann es sein, dass als letzter Ausweg eine Meldung über das Hinweisgebersystem anonym abgegeben wird, um nicht selbst als unmittelbar Verantwortlicher in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ins Visier der Behörden zu rücken.
Selbst wenn Meldungen selten sind, stärken Hinweisgebersysteme – nach unseren Erfahrungen in der Beratung – das Verantwortungsbewusstsein und fördern die Compliance, insbesondere in komplexen Rechtsgebieten wie dem Energie- und Umweltrecht. Gleichzeitig wird auch die Stellung derjenigen im Unternehmen gestärkt, die in ihrem Aufgabenbereich die Compliance im Energie- und Umweltrecht sicherstellen sollen.
Compliance-Herausforderungen durch das Hinweisgeberschutzgesetz
Neben den positiven Effekten gibt es aber auch Herausforderungen. Eine betrifft externe Dienstleister, die für Unternehmen tätig werden, wie Ingenieurbüros, IT-Experten, ESG-Consultants. Falls Mitarbeitende dieser Dienstleister während ihrer Dienstleistung für ein Unternehmen einen Verstoß gegen Regelungen des Energie- oder Umweltrechts bemerken, können Sie diesen über das Hinweisgebersystem ihres Auftraggebers melden.
Folge: Die Meldestelle muss dann die Identität des Meldenden vertraulich halten und der Meldenden und sein Arbeitgeber müssen wegen der Meldung keine Nachteile befürchten.
Das würde ich gerne mit einem Beispiel veranschaulichen:
Wenn ein Unternehmen bei einer Anlage einen Verstoß gegen Emissionsgrenzwerte feststellt und ein Ingenieurbüro beauftragt, diesen zu beheben, muss der Auftraggeber Details des Verstoßes preisgeben.
Ein NDA (Geheimhaltungsvertrag) kann Externe zwar zur Verschwiegenheit verpflichten, sie aber nicht daran hindern, Verstöße zu melden. Dies schafft Unsicherheit, insbesondere bei Unternehmen, die auf externe Expertise angewiesen sind.
Trotz dieser Herausforderungen überwiegen jedoch die positiven Effekte, die Hinweisgebersysteme auf die Compliance haben können.
Zusammenfassung
Compliance im Energie-, Klima- und Umweltrecht ist für mittelständische Industrieunternehmen zunehmend eine Herausforderung. Diese wird durch die Pflicht einer rechtskonformen Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes noch verstärkt. In diesem stark regulierten Sektor erhöhen sich die Compliance-Risiken für die Unternehmensleitungen durch den Druck von Meldungen über Gesetzesverstöße durch Mitarbeiter oder Dienstleister.
Aus unserer Sicht überwiegen jedoch die positiven Effekte deutlich. Es ist davon auszugehen, dass die Pflichten des Hinweisgeberschutzgesetzes an sich und eine unternehmensweite Kulturveränderung sich langfristig sehr positiv auf die Umsetzung von Compliance-Anforderungen auswirken.
(Die verwendete männliche Form bezieht sich auf alle Personen, gleich welchen Geschlechts.)