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Das neue Lieferkettengesetz

Das Lieferkettengesetz – die Chance, aus Fehlern zu lernen?

Es ist soweit – das Lieferkettengesetz ist da! Am 11. Juni 2021 wurde das Gesetz vom deutschen Bundestag verabschiedet. Das neue Gesetz verpflichtet alle Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern ab dem 01.01.2023. Ein Jahr später auch alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Was in einigen Unternehmen schon gelebte Praxis ist, wird nun zur rechtlichen Vorgabe. Vergewissern Sie sich, ob Ihr Unternehmen gut vorbereitet ist! 

Was bedeutet das neue Lieferkettengesetz konkret für den deutschen Mittelstand? 

Unternehmen müssen jetzt gewährleisten, dass es in ihren eigenen Geschäftsbereichen und bei ihren direkten Zulieferern nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Durch einen Katalog an Sorgfaltspflichten wurde Ihnen als Unternehmer ein Leitfaden an die Hand gegeben wie und in welchem Umfang Sie dies sicherzustellen haben. So wird Unternehmen beispielsweise vorgegeben, einen Meldekanal für Hinweisgeber einzurichten. Auch haben nun deutsche Gewerkschaften und NGOs das Recht, im Namen von Geschädigten gegen die Unternehmen zu klagen. Betroffenenrechte wurden dadurch massiv gestärkt. Mehr zu den Anforderungen, wie der „Pflicht zur Einführung eines Beschwerdeverfahrens“, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Sorgfaltspflichten laut Lieferkettengesetz 

„Welche Hilfestellungen werden mir als Unternehmer gegeben?“ 

Angemessenes und wirksames Risikomanagement 

Das Lieferkettengesetz sieht vor, dass Ihr Unternehmen ein angemessenes und wirksames Risikomanagement einrichten muss. Wodurch Sie menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken identifizieren können. Menschenrechte sind unter anderem in der UN-Menschenrechtskonvention geregelt, wonach jeder Mensch das Recht auf Leben, Freiheit und Unversehrtheit (Art. 3) hat. Weitere Beispiele der geschützten Menschenrechte sind das Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft (Art. 4) und das Recht zur Freien Berufswahl (Art. 23).  

Was sind die Aufgaben dieses Risikomanagements? Sie müssen regelmäßig Risikoanalysen durchführen. Nicht nur für den eigenen Geschäftsbereich, sondern auch für den der Zulieferer Ihres Unternehmens. Das Ziel dieser Maßnahme ist, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in den jeweiligen Abläufen frühzeitig ermitteln zu können. Die Verantwortung zur Überwachung eines solchen Risikomanagements soll dabei klar zugewiesen werden. Zudem soll ein regelmäßiger Austausch mit der Geschäftsführung stattfinden. 

„Was sind die Hintergründe dieser Maßnahme?“ 

Die Geschäftsführung eines Unternehmens soll stets aktuell informiert sein, um sich im Zweifel nicht auf Unwissen stützen zu können. Außerdem soll eine Grundsatzerklärung verabschiedet werden. Hierin soll der Ansatz des Managements zur Ermittlung solcher Risiken und die Analysemethodik klar definiert wird. 

EU-Hinweisgeber-Richtlinie Risiko

Präventionsmaßnahmen und Abhilfemaßnahmen-Plan

Darüber hinaus werden Unternehmen verpflichtet, für ihren eigenen Geschäftsbereich und den ihrer Zulieferer Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Deren Wirksamkeit muss anlassbezogen, aber wenigstens einmal im Jahr überprüft werden. Beispiele für Präventionsmaßnahmen sind Verhaltenscodizes (Code of Conduct) oder Einkaufsrichtlinien, in denen die Achtung der Menschenrechte verankert wird. Weiterhin gehört das vertragliche Festhalten von Kontrollrecht bei Lieferanten dazu, die eine regelmäßige Überprüfung vor Ort möglich machen. 

„Was mache ich als Unternehmer, wenn bei meinen Zulieferern tatsächlich relevante Verletzungen eintreten? Müssen die Geschäfte mit den betroffenen Zulieferern abgebrochen werden?“ 

Für den Fall einer Verletzung von Menschenrechten müssen Unternehmen einen Abhilfemaßnahmen-Plan (corrective-action-plan) vorhalten, der den Abbruch der Geschäftsbeziehungen zu Zulieferern als letzte Maßnahme vorsieht, wenn der Zulieferer nicht bereit ist, die Verletzung von Menschenrechten zu unterlassen. Wie bei den Präventionsmaßnahmen soll auch der Abhilfemaßnahmen-Plan wenigstens einmal im Jahr auf seine Wirksamkeit überprüft werden. 

„Wie stelle ich sicher, dass ich als Unternehmer von Verletzungen im Verantwortungsbereich meiner Zulieferer Kenntnis erlange?“ 

Damit Verletzungen gemeldet werden können, müssen die Unternehmen einen Meldekanal (Beschwerdeverfahren) einrichten. Dieser ermöglicht sowohl internen als auch externen Stakeholdern, einen Hinweis bezüglich einer Verletzung von Menschenrechten zu geben. Dabei steht es Ihrem Unternehmen frei – wie auch bei der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie – ein solches Beschwerdeverfahren selbst zu entwickeln oder das eines Dritten, wie beispielsweise das digitale Hinweisgebersystem von LegalTegrity, zu nutzen. 

„Muss ich mich denn nur um meine direkten Zulieferer kümmern?“ 

Auch mittelbare Zulieferer fallen unter das Lieferkettengesetz 

Grundsätzlich muss Ihr Unternehmen nur dafür Sorge tragen, dass in seinem eigenen Geschäftsbereich und dem Ihrer direkten Zulieferer Verletzungen von Menschenrechten unterbleiben. Allerdings erfassen die Sorgfaltspflichten in bestimmten Fällen auch den Bereich Ihrer sämtlichen mittelbaren Zulieferer. 

Einerseits müssen bestimmte Personen Zugang zu dem erwähnten Meldekanal haben. Um welche Personen handelt es sich? Es gilt, dass alle Personen Zugriff auf das System haben müssen, die durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit (auch eines nur mittelbaren Zulieferers) in ihren Rechtspositionen verletzt werden. Zum Beispiel der Mitarbeiter eines mittelbaren Zulieferers. Andererseits gelten für Ihr Unternehmen dieselben Sorgfaltspflichten, wenn es substantiierte Kenntnisse von Menschenrechtsverletzungen bei Ihren mittelbaren Zulieferern erhält, etwa aufgrund von Berichten. Sie sind dann als Unternehmen verpflichtet auch bei diesen mittelbaren Zulieferern eine Risikoanalyse durchzuführen, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen und Abhilfe zu schaffen. 

„Wie weise ich nach, dass ich die Vorgaben des Lieferkettengesetzes in meinem Unternehmen erfülle?“ 

Über all die genannten Vorgänge müssen Sie in Ihrem Unternehmen eine fortlaufende Dokumentation führen. Spätestens 4 Monate nach Abschluss eines Fiskaljahres müssen Sie einen ausführlichen Bericht auf Ihrer Website veröffentlichen. 

Einrichtung eines unternehmensinternen Meldekanals (Beschwerdeverfahren) 

„Wie sieht ein solcher Meldekanal aus?“

An den Meldekanal (Beschwerdeverfahren) sind eine Vielzahl von Anforderungen gestellt:  

Ihr Unternehmen muss gewährleisten, dass alle potenziellen Personen auch tatsächlich Zugriff auf das System haben. Hiermit sind für Sie viele Unsicherheiten verbunden, insbesondere mit Blick auf die mittelbaren Zulieferer. Eine Verletzung der Vorgaben liegt selbstverständlich dann vor, wenn die potenziellen Personen von diesem Verfahren nicht in Kenntnis gesetzt werden. Oder aufgrund ihres Standortes keinen Zugriff darauf haben. Allerdings liegt eine Verletzung auch bereits vor, wenn Sie als Unternehmen sprachliche Hindernisse nicht aus dem Weg räumen. Oder die Gefahr möglicher Repressalien nicht berücksichtigen. Da auch die Mitarbeiter sämtlicher mittelbarer Zulieferer zum Kreis der potenziellen Personen gehören, ist ein sehr weiter Personenkreis erfasst. Die damit verbundenen sprachlichen und informationellen Herausforderungen stellen sich insbesondere Unternehmen, die die Zulieferer ihrer eigenen Lieferanten gar nicht kennen. Das ist jedoch je nach Branche üblich, da Lieferanten häufig unter das Betriebsgeheimnis fallen. 

„Was passiert, wenn ich mich nicht an die Vorgaben des Lieferkettengesetzes halte?“ 

Der Meldekanal (Beschwerdeverfahren) nach dem Lieferkettengesetz muss, wie bei der EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern), neben dem Datenschutz auch die Vertraulichkeit der Identität des Meldenden gewährleisten. Fehlt ein solches Beschwerdeverfahren oder ist es fehlerhaft, können für Sie Bußgelder in einer Höhe von bis zu 2% Ihres weltweiten Konzernumsatzes anfallen, ebenso kann dies den Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren zur Folge haben. 

Es drohen Sanktionen in Höhe von bis zu 2% Ihres weltweiten Konzernumsatzes. 

Kritik am Lieferkettengesetz 

„Warum wird das neue Lieferkettengesetz so viel kritisiert?“ 

Es ist wichtig sich klarzumachen, aus welcher Richtung die jeweilige Kritik kommt. So kritisieren Wirtschaftsverbände wie der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), dass durch das Lieferkettengesetz die Unternehmen unverhältnismäßig belastet werden. Auf der anderen Seite kritisieren Umweltschutz- und Hilfsorganisationen wie Greenpeace und Oxfam, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht weit genug reicht und die vorgesehen Sanktionsmaßnahmen nicht ausreichen. 

So kritisiert Greenpeace beispielsweise, dass der Verantwortungsbereich lediglich die direkten Zulieferer erfasst. Menschenrechtsverletzungen und umweltschädigende Maßnahmen entstehen aber gerade vorwiegend am Anfang globaler Wertschöpfungsketten. Für diese mittelbaren Zulieferer trifft ein Unternehmen aber erst dann eine Verpflichtung zur Handlung, wenn es tatsächlich Kenntnis von einer Verletzung erlangt hat. 

Die Streichung der zivilrechtlichen Haftung kurz vor Verabschiedung des Gesetzes wird bei Wirtschaftsverbänden begrüßt und stößt bei NGOs auf harte Kritik. Während Unternehmen und deren Verbände eine zivilrechtliche Haftung für viel zu weitgreifend angesehen hatten, meinen Menschen- und Umweltrechtsorganisationen, dass ein Lieferkettengesetz ohne zivilrechtliche Haftung einem zahnlosen Tiger gleichkommt. 

Wirtschaftsverbände kritisieren, dass durch die Verpflichtung zur kontinuierlichen Überwachung von Risiken im eigenen Geschäftsbereich und dem der Lieferanten auf Unternehmen erhebliche Mehrkosten durch zusätzlichen Verwaltungsaufwand zukommen. Dies werde sich unweigerlich auf den Preis von Produkten auswirken und damit für deutsche Unternehmen gegenüber seinen europäischen und außereuropäischen Konkurrenten einen wettbewerbsrechtlichen Nachteil bedeuten.

Dass zusätzliche Kosten auf Unternehmen zukommen werden, ist nicht abzustreiten. Allerdings kam eine Studie der EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass diese Kosten etwa in einer Höhe von 0,005% des Unternehmensjahresgewinnes liegen werden. Zum einen sind diese Kosten in Vergleich zu den Schäden zu setzen, die durch unethisches Verhalten der Unternehmen entstehen. Man denke hier an den Diesel-Skandal bei VW oder die Pleite des Finanzdienstleisters Wirecard. Die damit verbundenen Kosten übersteigen die 0,005% um ein Vielfaches. Zum anderen sind 0,005% des Jahresgewinnes ein kleiner Preis im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen. Die Umsetzung des Lieferkettengesetzes und die damit einhergehende Investition in ein Hinweisgebersystem als Erfüllung der Beschwerdeverfahrens-Vorgabe ist im Ergebnis also eine Investition in die nachhaltige Produktion Ihres Unternehmens.  

Fazit 

Zwar bleibt das neue Lieferkettengesetz hinter den Erwartungen vieler zurück und Sie haben als betroffenes Unternehmen theoretisch – je nach Unternehmensgröße – noch 1,5 oder 2,5 Jahre Zeit, um Ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen:  

  • Prävention betreiben,  
  • Risikoanalysen aufsetzen und durchführen,  
  • sowie Abhilfemaßnahmen vorbereiten. 

Sich jetzt zurückzulehnen und Daumen zu drehen, ist aber blitzgefährlich. Nicht nur, weil diese Sorgfaltspflichten, wie in diesem Beitrag ausgeführt, einiges an Vorbereitung innerhalb Ihres Unternehmens bedürfen. Sondern auch, da genau jene Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern ohnehin bereits ab Ende dieses Jahres gemäß der EU-Whistleblower-Richtlinie entsprechende Meldemöglichkeiten einführen und nachweisen müssen. 

Das ist für Sie als fortschrittliches Unternehmen eine Chance, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und den Weg für verantwortungsvolle(n) und nachhaltige(n) Lieferketten und Hinweisgeberschutz zu ebnen.  

Unser Tipp: Achten Sie beim Aufsetzen oder Einführen eines entsprechenden Beschwerdeverfahrens darauf, dass der Meldekanal sowohl die Anforderungen des Lieferkettengesetzes als auch die Vorgaben zum Hinweisgeberschutz erfüllt.

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